Gedankenstatement aus der Sicht einer Malerin zur aktuellen Ausstellung
„ La Bohème “ ( Die Künstlerwelt )
im Atelier INDIGO vom 27. – 29. November 2009
Ja, und wie sind sie denn nun wirklich, diese Bohemians? Künstler, Lebenskünstler, oder Hungerkünstler, Gaukler, Taugenichtse oder solche die einfach nicht so gerne arbeiten?
Denn, genauso nannte man sie teilweise tuschelnd und unter vorgehaltener Hand noch um die Jahrhundertwende. Menschen, die etwas aus der „normalen“ Gesellschaft ausbrechen wollten, das waren sie. Illusionisten und Tagträumer, Weltverbesserer und oft gar manch schräger Paradiesvogel fand sich in der illustren Schar dieser Menschen die alle dasselbe taten, - oder es zumindest versuchten zu tun.
Sie waren auf der Suche nach dem (ihrem) Sinn des Lebens. Jeder auf seine Weise. Sie wollten nicht bloss existieren, sie wollten einen sichtbaren, bleibenden Eindruck hinterlassen, eigene „Fingerabdrücke“ sozusagen.
Doch, - was ist ein Künstler überhaupt? Was versteckt sich hinter dieser Maske? Gesellschaftsschwächlinge oder Kämpfer, - Versager oder Sieger? Die Gedanken sind frei, man kann wählen.
Zugegeben, man kann Kunst studieren. Aber muss man es? Wo steht das Gesetz geschrieben? Künstler kann sich jeder nennen der verrückt genug und bereit ist den Kopf für Kritiken aus aller Welt und oft aus Ihresgleichen Kreisen und in der Oeffentlichkeit herzuhalten. Und, der gewillt ist, viel zu arbeiten!
" Ich kann nichts dafür, dass meine
Bilder sich nicht verkaufen lassen.
Aber es wird die Zeit kommen, da die
Menschen erkennen, dass sie mehr
wert sind als das Geld für die Farben."
(Vincent Van Gogh)
Und steigt der Eine oder Andere „Künstler“ dann doch wie Ikarus der Sonne entgegen, so hört man schon ab und zu mal einen Schaulustigen flüstern: „ ….das kann ja nicht lange gut gehen…“ und man spürt die heimliche Freude über einen bevorstehenden Sturz der aus solch schwindelerregender Höhe doch durchaus kommen könnte…..
Künstler! Karl Valentin, der grosse Münchner Komiker, Musiker und Theaterschauspieler (1882-1948) brummelte einst vor sich hin:
„ Ach dieses Geschwätz von Kunst.
Wenn man Kunst kann, ist Kunst
machen keine Kunst, wenn man’s nicht
kann, auch nicht!“
Und Johann Nepomuk Nestroy (1801-1862) , der dramatische Wiener Dichter, Sänger und Schauspieler erklärte ganz logisch (!) in seinem weitsichtig satirisch und philosophischen Dialekt die Kunst so:
„ Kunst is, wenn man etwas nicht
kann. Denn wenn man es kann, is
es ja ka Kunst mehr!“
Gegensätze also? Ach das Leben ist nicht einfach. Etwas weiss ich aber ganz sicher: Es braucht Mut, ein „Künstlerleben“ zu führen. Das war früher so, und es ist heute noch so. Es hat sich nichts geändert.
Hommage an die grossen Meister
Wenn man sich die Biografien all der grossen Maler oder Musiker aus längst vergangenen Zeiten zu Gemüte führt so stellt man rasch fest: Künstlerisch begabte Menschen die sich dazu entschlossen haben, ein etwas Anderes als das von der allgemeinen Gesellschaft erwartete Leben zu führen die mussten sehr risikofreudig sein.
Ihr Herz musste ohne Rücksicht auf Verluste in jeglicher Art frei sein für die Dinge die wohl nur „sie“ sehen konnten. Denn sie sahen in ihrer Kunst das Unerlaubte, das Undenkbare, das Sichtbare, Hörbare, sie versuchten es fühlbar und vielleicht realisierbar zu machen. Sie folgten ihren Visionen weil es in ihrem Innern so vorgeschrieben war.
"Aber den Weg. den ich gehe,
muss ich einhalten; wenn ich nichts
tue, wenn ich nicht studiere, wenn
ich nicht suche, dann bin ich verloren.
Dann wehe mir! "
(Vincent Van Gogh)
Sie wuchsen über sich selbst hinaus. Sie lebten ihr Leben oft in Armut aber dennoch unerschrocken und gar oft am Rande ihrer Existenz und übersahen das Unverständnis und Kopfschütteln ihrer Mitmenschen rigoros. Entschlossen gingen sie ihren Weg und taten was sie tun mussten auf der Suche nach der Erfüllung ihrer Ziele, auf der Jagd nach dem Leben. Starke Menschen waren sie, mit eisernem Willen.
"Ich habe lieber huntert Francs im
Monat und die Freiheit, damit zu
machen, was ich will, als zweihundert
Francs ohne diese Freiheit."
(Vincent Van Gogh)
Und sind wir ehrlich, wenn wir heute Namen wie Mozart oder Beethoven hören, - wenn wir in überfüllten Museen stehen und ehrfurchtsvoll die Werke von Cézanne, Turner und Van Gogh bestaunen, so überkommt uns schon ab und zu eine Gänsehaut. Wie (er)schafften die das alle bloss….
Und, - um wie viel ärmer wäre die Welt, hätte es all diese Bohemians nicht gegeben?
Kunst heute
Und wie sieht Kunst heute aus der Sicht einer Malerin aus? Nun, ich stehe vor einer schweren Frage. Ich möchte es mir nicht leicht machen, aber es ist auch nicht nötig dass ich diese unendliche Geschichte hinter dieser Künstlerwelt zu Ende studiere.
Leicht dramaturgisch würde ich die Kunst so definieren:
"La Bohème ist eine Liebesgeschichte
voller Tatendrang und Sehnsucht nach
Hoffnung auf eine Erfüllung von Dingen
die nicht vorhersehbar sind, Punkt."
(Jolanda Meier)
Etwas kompliziert, das gebe ich zu. Die Kunst und das Leben eines Künstlers, - also jemand der mit sich allein in seiner ungebundenen Künstlerwelt lebt ist alles andere als einfach. Im Gegenteil. Sie ist eine Geisel. Sie gibt keine Ruhe.
"Die Kunst und ihr Opfer (!) muss
man behandeln wie eine launische Geliebte."
(Jolanda Meier)
Sie ist nie zufrieden. Mal will sie das, dann wieder etwas anderes. Kaum hat sie das Eine erreicht, so genügt es ihr schon nicht mehr und sie will noch mehr. Es ist eine Sucht. Die Ansprüche werden immer grösser, man will immer höher hinaus.
Die Kunst im Allgemeinen und die Malerei im Besonderen muss man also überlisten können. Indem man ihr hofiert und sie im richtigen Moment wieder auf den Boden der Realität zurück holt und ihr klar macht, dass die wahre (Aquarell)- Kunst in der heutigen Zeit einzig und allein einen Zweck zu erfüllen hat:
Freude zu vermitteln, sei es für den Kunstschaffenden selbst und für den Kunstliebhaber zum geniessen."
In diesem Sinne lade ich Sie herzlich ein. La Bohème, lassen sie sich von mir in eine farbige Künstlerwelt in Aquarell entführen!
Copyright by Jolanda Meier / November 2009